Zuletzt habe ich meine 5 wichtigsten Börsengrundregeln in sachlicher Hinsicht vorgestellt. Börsenpsychologie und Emotionen spielen bei der Aktienanlage ebenfalls eine sehr große Rolle. Vielleicht sogar die Größte. Im Folgenden gibt es meine 5 wichtigsten Grundregeln zu Psychologie und Emotionen, die du bei deinen Investitionen berücksichtigen solltest.
1. Investiere antizyklisch
Kaufe Aktien, wenn sie günstig sind. Verkaufe zu einem Zeitpunkt, an dem die Kurse hoch stehen. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Soweit gehört diese Regel eigentlich noch zu den Börsengrundregeln der sachlichen Ebene. Nun aber kommt die Psychologie ins Spiel. Denn weder die Medien noch sonst jemand wird sagen: „Toll, Aktien sind gerade billig!“ In einer solchen Phase wird vermehrt über die Gefahren von Aktien berichtet und auf alternative Investmentmöglichkeiten hingewiesen. Die allgemeine Meinung wird Aktien als Teufelszeug abstempeln und über Kursverluste schimpfen. Dazu kommt, dass die Kurse ja fallen, weil die meisten gerade ihre Anteile verkaufen. Folge diesem Herdentrieb nicht. Gegen eine Stimmungsmache dieser Art musst du immun werden.
Wenn die Märkte steigen, werden überall die Vorteile von Aktien angepriesen. Wenn dein Taxifahrer mit dir über Geldanlage spricht, die BILD auf der Titelseite überschwenglich positiv über den DAX berichtet und sogar dein Nachbar auf einen Umstieg vom Sparbuch auf Aktien nachdenkt, sollten bei dir sämtliche Alarmglocken schrillen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um über Verkäufe nachzudenken.
Wird irgendwo ein Winterschlussverkauf oder eine große Rabattaktion ausgerufen, rennen wir in die Geschäfte und kaufen Artikel, weil sie günstig zu bekommen sind. Wir freuen uns ein Schnäppchen gemacht zu haben. An der Börse ist es genau umgekehrt. Günstige Kaufkurse werden von uns selten als Chance wahrgenommen. Kannst du diese Einstellung auf deine Börsentätigkeit übertragen, hast du einen großen Schritt zum erfolgreichen Investor bereits gemacht.
Du solltest allerdings niemals eine Aktie kaufen, WEIL sie gefallen ist. Kursverluste sollten immer nur der Auslöser sein, dir ein Wertpapier oder den Markt genauer anzuschauen und die Ursache dafür herauszufinden.
2. Lerne deine Emotionen zu kontrollieren
Um an der Börse erfolgreich zu sein, musst du Schwankungen akzeptieren. Du musst damit leben können, dass es immer wieder Phasen gibt, in denen es mit deinem Depotwert rapide bergab geht. Es ist nichts schlimmes, wenn es die Hälfte an Wert verliert. Schwankungen sind normal. Crashphasen sind meist kürzer und heftiger als Phasen steigender Kurse. Sie zerstören die Kursgewinne von Monaten oder Jahren oftmals in wenigen Tagen oder Stunden. Hier liegt die psychologische Herausforderung. Das musst du aushalten können und als normal akzeptieren.
Bei fallenden Kursen darfst du nur eins nicht tun: Vor lauter Ärger, komplett und für immer aussteigen! Diese Verluste können nie wieder ausgeglichen werden. Nach einem abrupten Kursabfall, folgt oftmals eine genauso starke Kursrally. Die solltest du nicht verpassen. Es ist sehr schwierig das Ende einer Krise oder den Beginn eines dauerhaften Wendepunktes zu erkennen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass nach Verlusten der persönliche Druck möglichst viel von einer Erholung mitnehmen zu wollen, sehr groß ist. All das sind Emotionen, die die Gefahr von falschen Entscheidungen erhöhen. Bleibe lieber dauerhaft investiert, lehn dich zurück und warte ganz entspannt die Gegenbewegungen ab. Ein Unfall im Atomkraftwerk von Fukushima drückt die Weltmärkte nach unten. Das bedeutet aber noch nicht automatisch, dass dein ausgewähltes Unternehmen an Qualität verliert oder zukünftig dauerhaft weniger Geld verdient.
Dein Ziel sollte es sein, dass deine Strategie in sämtlichen Börsenphasen die entsprechend richtige und vernünftigste Handlungsempfehlung zur Verfügung stellt. Wenn es dir gelingt, die Emotionen zu kontrollieren und die richtigen Maßnahmen checklistenartig abgerufen werden können, hast du eine der schwierigsten Aufgaben schon gemeistert. Gier, Neugier und Angst haben an der Börse nichts zu suchen. Eine große Herausforderung!
Eine Beziehung zu deinem Investment ist keine Liebesbeziehung. Du darfst dich niemals in eine Aktie „verlieben“. Klingt lustig, ist mir aber selber schon passiert. Wenn du mit einem Unternehmen gute Gewinne erwirtschaftet hast und dich zu einer „Trennung“ entschlossen hast, mache einen Haken darunter. Es besteht sonst die Gefahr, dass du die Aktie weiter beobachtest und über Sinn oder Unsinn deines Verkaufs nachdenkst. Kein Stalking bitte! Versuche das Unternehmen eine Weile zu ignorieren und dich nicht über weitere Kursverläufe zu informieren. Es gibt soviel Auswahl und immer neue Gelegenheiten. Es lohnt sich nicht einer verpassten Chance hinterherzutrauern. Die nächste kommt garantiert. Erst wenn du einen gewissen Abstand gewonnen hast, kannst du die Aktie erneut in deine Watchlist aufnehmen. Konzentriere dich so lange auf andere Unternehmen.
Genauso gefährlich ist es, dass du dich nach Erfolgen überschätzt. Wenn dein Depotwert mit dem Gesamtmarkt steigt, heißt das nicht, das du ein toller Investor bist. Es bedeutet nur, dass du eine gute Entscheidung getroffen hast, als du für dich beschlossen hast, an der Entwicklung der Märkte verdienen zu wollen. Glaube niemals, dass du ein toller Investor bist! Wenn es gut läuft, besteht die Gefahr zu gierig zu werden. Viele Leute erhöhen dann automatisch ihr Risiko und werden unvorsichtig. Es ist schwierig zu widerstehen. Halte dich auch in Boomphasen an deine Strategie.
Psychologie spielt eine große Rolle an der Börse. Oft verhalten sich die Märkte unerklärbar. Mache dir das zu Nutze und profitiere von dem Wissen! Versuche nur nicht auf dieses Verhalten zu spekulieren.
Mache dir bewusst, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird. Die Kurse verhalten sich so, wie die anderen Anleger die jeweilige Lage einschätzen. Das ist manchmal sehr subjektiv. Aber eine Qualitätsaktie bleibt eine Qualitätsaktie. Wenn viele Leute glauben, dass die Kurse fallen werden, werden die Kurse auch fallen. Das bedeutet aber noch nicht zwangsläufig, dass zum Beispiel Nestlé weniger Nahrungsmittel verkauft und damit weniger Gewinn erwirtschaftet.
3. Ignoriere Medien, Analysten und Experten und dein soziales Umfeld
Unabhängig davon wer den Ratschlag gibt, sei vorsichtig mit Empfehlungen. Dies gilt besonders für Medien, Tipps von Analysten und Charttechnikern. Die Medien haben oftmals andere Interessen, als dein Geld zu vermehren. Dazu gehört zum Beispiel die Steigerung von Verkaufszahlen. Danach werden die Beiträge ausgerichtet. In 2002 hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen den ehemaligen Vize-Chef des angesehenen Magazins „Der Aktionär“ wegen Insiderhandel erhoben. Ihm wurde u.a. vorgeworfen, Aktien in sein privates Depot gelegt zu haben, um sie dann über positive Berichterstattungen in seiner Zeitschrift zu pushen. Es kann nicht schaden, so etwas bei der Bewertung von Empfehlungen im Hinterkopf zu haben.
Wenn in Zeitschriften oder auf Webseiten die jeweiligen Verfasser mit langfristigen Prognosen vor Kursstürzen, Krisen und weiteren Verlusten warnen, solltest du in der Lage sein, die Nerven zu behalten. Vertraue auf deine Strategie und den Faktor Zeit! Folge nicht der Herde und verkaufe keine Aktien von denen du überzeugt bist, nur weil alle es tun. Lies solche Artikel nur zur Unterhaltung. Auch Fachleute können keine Entwicklungen vorhersagen.
Kommentare von Analysten bewerten Unternehmen und prognostizieren Kursverläufe. Sie legen Kursziele fest. Ich lese diese Analysen nur, um mir anhand des Zahlenmaterials mein Gesamtbild des Unternehmens zu vervollständigen. Kurszielprognosen ignoriere ich. Die Prognosen liegen genauso oft richtig wie falsch. Das ist keine solide Bewertungsgrundlage.
Charttechnische Analysen prognostizieren ebenfalls Kursverläufe. Sie enthalten eine Vielzahl von schlau klingenden Fachbegriffen, wie zum Beispiel „Fibonacci-Marke“, „Kopf-Schulter-Kopf-Formation“ oder „Opening Gap“. Die Prognosen werden derart offen formuliert, dass die Wahrscheinlichkeit recht zu behalten sehr groß ist. Sie erinnern mich mehr an Horoskope als an Aktienanalyse.
Verzichte auf tolle Tipps aus deinem sozialen Umfeld! Wenn du dich selbst in qualitativ hochwertigen Quellen, ohne Provisions- oder Verkaufshintergedanken wie zum Beispiel einigen Finanzblogs informierst, bist du besser aufgestellt, als die meisten aller anderen Privatanleger in unserem Land. Wenn du dich entschieden hast, dein Geld selbst in die Hand zu nehmen, benötigst du irgendwann keine Tipps zu konkreten Aktien von anderen mehr. Die wirst du mit der Zeit ganz allein auswählen können.
Hohe Renditeversprechen beinhalten immer höheres Risiko. Immer! Egal was erzählt wird.
4. Setze Umschichtungen in deinem Depot dosiert ein!
Je mehr du deiner Strategie vertraust und je besser du deine Emotionen kontrollierst, umso weniger Transaktionen wirst du vermutlich tätigen. Schließlich fallen sämtliche Panikreaktionen und spontane Entscheidungen weg.
Ein nicht zu unterschätzender Effekt dieser Haltung ist, dass du Kosten sparst. Aktionen an der Börse kosten Gebühren und mindern deine Rendite.
5. Keine Wertpapiergeschäfte auf Kredit!
An der Börse zu investieren und Gewinne einzustreichen macht Spaß, wenn du ohne Zwang und Druck und mit viel Zeit agieren kannst. Spekulierst du auf Kredit, setzt dich das unter Druck. Das der Spaß dann verloren geht, wäre ja soweit noch verkraftbar. Extrem wird es, wenn das Kreditinstitut dich zwingt, deine Wertpapiere zu Tiefstpreisen zu verkaufen.
Investiere daher nicht auf Kredit! Weiter oben hatte ich erklärt, wie wichtig und auch wie schwierig es ist, die Emotionen bei Wertpapiergeschäften auszublenden. Bei kreditfinanzierten Geschäften den Druck auszublenden, halte ich für nahezu unmöglich. Sei lieber geduldig und bespare kontinuierlich dein Depot. Fehler bei kreditfinanzierten Geschäften können deine ganze Arbeit mehrerer Jahre zerstören. Oder sogar die Existenz.
Für sehr erfahrene Anleger, kann ein Wertpapierkredit einen kleinen Renditeturbo erwirken. Davon rate ich ausdrücklich ab, solange dein Erfahrungsschatz nicht schon einige Durststrecken vorzuweisen hat.
Fazit:
Du darfst Fehler machen und kannst trotzdem an der Börse erfolgreich sein. Auch die Profis machen Fehler. Du musst lediglich mehr richtige Entscheidungen treffen als falsche. Mit der Beherzigung dieser Börsengrundregeln bist du auf einem sehr guten Weg. Die Emotionen unter Kontrolle zu behalten, ist dabei sicherlich die größte Herausforderung.
Wenn du meine Beiträge zu diesen Regeln aufmerksam gelesen hast, wirst du gemerkt haben, dass der Erfolg darin liegt, viele Dinge einfach nur nicht zu tun. Es ist also alles kein Hexenwerk!
Bild: © panthermedia.net /everett225
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Wichtiger Hinweis zu § 85 WpHG – Haftungsausschluss
Die hier vorgestellten und besprochenen Geldanlagen befinden sich teilweise in meinen privaten Depots oder auf der Beobachtungsliste. Alle Beiträge dienen lediglich der Information oder der Unterhaltung. Sie stellen ausdrücklich keinerlei Empfehlung oder Kaufaufforderung dar. Ich leiste keine rechtsgeschäftliche Anlageberatung und kann diese auch nicht ersetzen. Dies gilt für sämtliche Kommunikationswege. Bei den hier erläuterten Anlageentscheidungen handelt es sich um meine subjektive Meinung. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Geldanlagen immer mit Risiken behaftet sind, die bis zum Totalverlust führen können. Eine Haftung für eure Anlagenentscheidungen kann ich nicht übernehmen. Ihr handelt eigenverantwortlich und auf eigene Gefahr. Vor einer Anlageentscheidung empfehle ich euch die Inanspruchnahme einer professionellen Beratung.
Grüß dich Marco,
ein paar gute Tipps hast du da zusammengestellt. Besonders Punkt 2 und 4 sind für mich besonders wichtig.
Schönes Wochenende 🙂
Hi Stefan,
eigentlich ist es nichts für mich, den Lehrmeister zu spielen. Es kommen allerdings viele Börseneinsteiger auf meinen Blog und ich möchte niemanden im Regen stehen lassen. Daher hab ich nach langen Überlegungen beschlossen hier auch wichtige Grundlagen anzusprechen.
Wenn ich eine wichtige Regel hervorheben müsste, würde ich mich auch auf Punkt 2 festlegen. Felix von Finanzblogroll.de hat es treffend formuliert: „Das Spiel wird im Kopf entschieden!“
Schönen Gruß
Marco