Aktienmärkte im Rückwärtsgang: Alles eine Frage der Einstellung?

Verluste Einstellungssache

Lange ging es an der Börse nicht mehr so unruhig zu, wie zurzeit. In diesen Tagen fragen sich viele von uns Privatanlegern, wie lange wir die Kursverluste noch ertragen müssen und ob es nicht besser wäre, jetzt alle Aktien zu verkaufen. Dabei ist der entspannte Umgang mit fallenden Kursen nur eine Frage der Einstellung.

 

Wie lautet das Ziel?

Im Gegensatz zu den Fragen in der Einleitung ist das die Frage, die wir uns stellen sollten, wenn wir anfangen zu zweifeln.

Ich möchte gerne etwas für die Altersvorsorge tun und dabei nicht auf die Anlageprodukte der Finanzindustrie angewiesen sein. Außerdem möchte ich mir mit der Zeit ein passives Einkommen mit Dividenden aufbauen und der Aufbau meines Depots macht mir Spaß. Mein persönliches Ziel ist also der langfristige Vermögensaufbau.

Wenn ihr ähnliche Ziele verfolgt, könnt ihr hoffentlich aus meinem heutigen Artikel ein paar interessante Erkenntnisse und Anregungen ziehen. Seid ihr auf kurzfristige Anlageerfolge aus oder unterscheiden sich eure Ziele im Wesentlichen von meinen, kann die richtige Einstellung für euch ganz anders ausschauen als nachfolgend geschrieben.

 

Auf die Einstellung kommt es an

Ich gehe davon aus, dass die Weltbevölkerung langfristig weiter steigt und sich dadurch der Bedarf an Waren und Dienstleistungen aller Art ebenfalls erhöht. Dies führt zu zukünftigem Wachstum der Weltwirtschaft und damit zu langfristig steigenden Aktienmärkten. Dies ist die Grundannahme meines Vermögensaufbaus mit Aktien.

Mein Anlagehorizont beträgt mehrere Jahrzehnte und daher ist es mir egal, wie die Zwischenbilanz in Jahr Nr. 4, 12 oder 17 meines Lebens als Aktionär ausschaut. Abgerechnet wird zum Schluss.

Was während dieser Zeit an den Kapitalmärkten geschieht, müssen wir trotzdem kritisch einordnen um eine Unterscheidung vornehmen zu können, ob es sich um ein Ereignis mit kurz- oder langfristigen Folgen für unsere Investments handelt.

„Die Börse reagiert gerade mal zu zehn Prozent auf Fakten. Alles andere ist Psychologie.“ (André Kostolany)

Wir investieren unser Geld eigenständig an der Börse, weil wir zu den Gewinnern gehören wollen. In der Realität verlieren aber viele Privatanleger ihr Geld. Die Wahrheit ist, dass sich das in manchen Börsenphasen nicht vermeiden lässt. Verluste tun weh. Die Schmerzen über Verluste überwiegen die Freude der Gewinne bei Weitem. Diese Einstellung ist zwar völlig nachvollziehbar, aber diese Einstellung gilt es zu verändern!

Wenn wir es schaffen, die Chancen von fallenden Aktienmärkten zu erkennen und für uns zu nutzen, gehören wir am Ende zum besseren Teil der Privatanleger.

 

Jeder mag Rabatte und Schnäppchen. Warum nicht auch an der Börse?

In Zeiten steigender Kurse freuen wir uns über die Dividenden und Kurssteigerungen in unserem Depot und sammeln unser Cash auf dem Verrechnungskonto. Wir sind uns einig, dass es sich hierbei um eine angenehme Börsenphase handelt. Nur warum machen uns fallende Kurse Angst?

Viele von uns haben in der vergangenen Woche ausgiebig konsumiert. Ob Cyber Monday Week oder Black Friday – von der Fülle an Rabattaktionen wurden wir zuletzt fast erschlagen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, indem wir Weihnachtsgeschenke gekauft und nach Herzenslust Artikel bestellt haben als würde es kein Morgen geben. Die im Vergleich zum Rest des Jahres günstigen Preise haben uns eine Menge Freude bereitet. Das die Konsumartikel mit der Zeit an Wert verlieren, ist uns egal. Nur an der Börse fällt uns die Freude über günstige Preise schwer, weil der Schmerz über die Verluste überwiegt. Das wir für unser Geld Anteile von Unternehmen erhalten, die seit vielen Jahren Werte für ihre Aktionäre schaffen, sehen wir nicht. Dieses Missverhältnis müssen wir umkehren.

Die ganz große Chance fallender Kurse ist es, dass die Kapitalmärkte dieser Welt in solchen Zeiten zu einem riesengroßen Kaufhaus am Black Friday werden. Immer mehr Qualitätsaktien werden immer günstiger und wir bekommen mehr Anteile für das gleiche Geld. Wir sollten natürlich nicht wahllos alles in den Einkaufswagen werfen, was uns in die Finger kommt, denn in den Wühlkisten befindet sich auch jede Menge Schrott. Nur weil die Preise günstiger werden, wird aus einer schlechten Aktie noch lange keine gute. Aber die Chancen tolle Aktien günstig zu bekommen, die uns dann über viele Jahre Freude bereiten, steigen in solchen Phasen sehr stark an. Wir können den Markt in Ruhe beobachten, gezielt Qualität zu Schnäppchenpreisen einkaufen und unser Geld unter die Leute bringen. Es macht ja schließlich auch Spaß Geld auszugeben. Wir legen hier den Grundstein für den folgenden Aufschwung und damit auch für unsere Rendite. Fallende Aktienmärkte sind also für mich ebenfalls positiv zu sehen.

Ich bin daher in jeder Marktphase entspannt, egal ob die Kurse steigen oder fallen. Nur in neutralen Zeiten muss ich mich zu Geduld und Disziplin zwingen, um nicht zuviel Geld für Aktien auszugeben, das mir dann in den Kaufphasen fehlen würde. Für mich die größte Herausforderung.

 

Die Gründe für fallende Kurse im langfristigen Kontext sehen

Leider fallen die Kurse nicht einfach so, sondern tun das aus einem ganz bestimmten Grund. Zur Not präsentieren uns die Medien einfach einen. Das macht den Umgang mit fallenden Märkten ebenfalls schwieriger. Hier ist es wichtig, dass wir zwischen kurzfristig und langfristig relevanten Einflussfaktoren unterscheiden. Schauen wir uns dazu einmal den aktuellen Handelsstreit zwischen den USA und China an, der als einer der Gründe für die derzeitigen Kursrückgänge angesehen wird:

 

Beispiel: Handelsstreit

Das gewaltige Handelsdefizit der USA zu China war US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Er belegte die Volksrepublik und später auch andere Handelspartner mit Einfuhrzöllen auf bestimmte Waren. Die Handelspartner reagierten darauf mit den entsprechenden Vergeltungszöllen. Dadurch werden weltweite Lieferketten unterbrochen und betroffenen Unternehmen wird es schwerer gemacht, Gewinne zu erwirtschaften. Das Wirtschaftswachstum wird belastet. Die Unternehmen stehen nun vor einer Herausforderung. Sie benötigen nun etwas Zeit um sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen und Maßnahmen zu treffen, wie sie trotzdem mehr Geld verdienen können. Eine vorübergehende Delle im Wachstum ist also möglich. Unternehmen stehen ständig vor Herausforderungen und Wege zu finden Gewinne zu steigern ist ihr Job. Langfristig wird es den Unternehmen also wieder gelingen auf den Wachstumspfad zurückzukehren. So wie immer in der Vergangenheit. Eine andere Variante wäre eine unverhoffte Einigung zwischen den Streitparteien. Auch dies würde die Kurse wieder nach oben katapultieren. Was den Handelsstreit betrifft ist für mich kein Szenario denkbar, das die Kurse langfristig drücken könnte und für uns langfristige Investoren interessant wäre. Der Handelsstreit ist also ein kurzfristiger Faktor.

Auch die übrigen Faktoren, die die Märkte derzeit belasten, wie zum Beispiel die Italien-Krise der EU und das drohende Brexit-Chaos muss man einfach im langfristigen Kontext sehen. Im vergangenen Jahrhundert gab es zwei Weltkriegeeinen kalten KriegTschernobyl und Fukushima sowie jede Menge weitere belastende Ereignisse. Nun droht zwei Staaten der unkontrollierte Austritt aus einer großen Staatengemeinschaft. Nicht mehr und nicht weniger.

Entwicklung des Dow Jones langfristig

Ihr habt sicher schon mal irgendwo gelesen, dass die langfristige Performance des deutschen Aktienindex (DAX) ca. sieben Prozent pro Jahr beträgt. Das bedeutet aber nicht, dass der Leitindex wie an der Schnur gezogen kontinuierlich jedes Jahr um sieben Prozent ansteigt. Stattdessen macht er in einem Jahr vielleicht 30 Prozent Plus, im nächsten 2 Prozent und dann wieder 13 Prozent Minus. Aus diesem Hin und Her ergibt sich erst über viele, viele Jahre der o.a. durchschnittliche Wert.

Genauso kann es passieren, dass uns nun mehrere Verlustjahre am Stück erwarten und der Index anschließend nach oben explodiert und auf einmal 50 Prozent Plus macht. Diese steilen Aufwärtsbewegungen kommen meistens unvorhergesehen und plötzlich. Sie machen am Ende einen Großteil unserer Rendite aus und wir sollten sie daher keinesfalls verpassen. Genau das wäre die Gefahr, wenn wir zeitweise aus dem Markt aussteigen würden. Dien Medien sind keine verlässliche Informationsquelle um den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg zu erkennen. Seit ich mich mit der Börse beschäftige, wird dort die Lage der Kapitalmärkte durchgängig als „schwierig“ bezeichnet. Es ist also vollkommen in Ordnung, wenn wir einmal ein schwächeres Jahr mitmachen würden. Das gehört dazu.

Diese Ausführungen gelten ausdrücklich nur für den Gesamtmarkt. Es kann trotzdem einzelne Unternehmen geben, die in solchen Phasen gnadenlose Kursverluste erleiden und sich viele, viele Jahre nicht oder auch nie wieder erholen. Um zu erkennen, ob man ein solches Unternehmen im Depot hat, ist es so wichtig, dass wir vor einem Investment unsere Hausaufgaben gemacht und uns eine fundierte Meinung gebildet haben. Dafür reicht es nicht aus, mal im Netz einen Artikel über ein Unternehmen gelesen zu haben.

Unsere Investmententscheidungen müssen wir letztlich zwar nur vor uns selbst rechtfertigen, aber es hilft ungemein, in einer Ansicht so gefestigt zu sein, dass wir sie auch auch vor anderen Menschen argumentativ vertreten könnten. Eine fundierte Meinung gibt uns in Zeiten fallender Kurse Sicherheit und es fällt uns leichter an unserem Unternehmen festzuhalten, weil wir wissen, dass unsere fundamentalen Annahmen trotzdem noch intakt sind. Es wird auch einfacher zwischen Verkauf– und Nachkaufgelegenheit zu unterscheiden.

Für eine fundierte Meinungsbildung kann man sich auf AlleAktien.de hochwertige Aktienanalysen ansehen. Im Premium-Bereich gibt es zwar auch kostenpflichtige Inhalte, aber es gibt auch sehr viele kostenlose Analysen. Ich kann euch nur empfehlen, euch einfach mal die Seite anzuschauen und ein paar kostenlose Analysen zu lesen. So bekommt ihr ein gutes Gefühl dafür, wie umfangreich man sich vor einem Investment in eine Aktie informieren sollte. Hier geht es zu den kostenlosen Aktienanalysen.*

Trotzdem wird es immer mal eine Aktie in unserem Depot geben, die grottenschlecht abschneidet. Auch das ist kein Grund zur Sorge. Auch in einem ETF befinden sich immer eine gewisse Anzahl schlechter Aktien. Unser Ziel ist es, möglichst viele gute Aktien und möglichst wenige schlechte in unserem Depot zu haben. Eine Quote von 100 Prozent der guten Aktien werden wir jedoch nicht erreichen. Auch das müssen wir akzeptieren.

 

Einen Crash vermeiden?

Wir müssen uns bewusst machen, dass wir im Laufe eines hoffentlich langen Anlegerlebens mehrere Crashs erleben werden. Langfristig lässt sich das nicht vermeiden. Statistiken sagen, dass es im Schnitt alle sieben Jahre zu einem Crash kommt. Mit der Finanzkrise 2008 liegt der letzte größere Crash nun rund zehn Jahre zurück. Vielleicht erleben wir nun innerhalb weniger Jahre mehrere. Der erste Crash wird also nicht unser letzter sein. Es wird aber der schwierigste, weil uns die Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen noch fehlt. Wenn wir aber wissen, dass es passiert und uns gedanklich darauf vorbereiten, können wir im Fall der Fälle entspannter damit umgehen. Wann man überhaupt von einem Crash spricht, ob wir uns aktuell in einem befinden und wie ich mich im derzeitigen Umfeld verhalte, könnt ihr in diesem Artikel nachlesen.

 

Können wir unser Risiko begrenzen?

Maßnahmen zur Begrenzung des Risikos sollte man bereits bei der grundsätzlichen Ausrichtung auf eine Strategie festgelegt haben. Für langfristige Investoren ist es nicht notwendig, in Zeiten fallender Aktienkurse besondere Tricks oder Kunststücke drauf zu haben. Mit Maßnahmen wie Fokussierung auf QualitätstitelDiversifikation und cleverem Cash-Management können wir unser Risiko im Depot ausreichend begrenzen. Wir benötigen kein Sicherheitsnetz aus Absicherungsstrategien mit Zertifikaten oder Optionsscheinen. Wir müssen auch unser Depot nicht durch Stop-Loss-Aufträge absichern. Das ist eher für Spekulanten interessant.

Als langfristige Investoren haben wir sowohl den Faktor Zeit als auch den Zinseszinseffekt auf unserer Seite. Mit diesen mächtigen Verbündeten können wir entgegen unserer Natur auch mal akzeptieren, dass wir bestimmte Dinge nicht beeinflussen können und auch gar nicht müssen. Wir müssen nur den Blickwinkel des Konsumenten aufgeben und den Blickwinkel eines Investors/Aktionärs eintauschen.

Hat euch der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über ein Like bei Facebook. Wie verhaltet ihr euch in unruhigen Zeiten? Verkauft ihr eure Anteile oder kauft ihr in unsicheren Zeiten konsequent nach? Habt ihr vielleicht eine persönliche Verlustgrenze? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Bild: © bildagentur.panthermedia.net /Federica Fortunat

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Wichtiger Hinweis zu § 85 WpHG – Haftungsausschluss

Die hier vorgestellten und besprochenen Geldanlagen befinden sich teilweise in meinen privaten Depots oder auf der Beobachtungsliste. Alle Beiträge dienen lediglich der Information oder der Unterhaltung. Sie stellen ausdrücklich keinerlei Empfehlung oder Kaufaufforderung dar. Ich leiste keine rechtsgeschäftliche Anlageberatung und kann diese auch nicht ersetzen. Dies gilt für sämtliche Kommunikationswege. Bei den hier erläuterten Anlageentscheidungen handelt es sich um meine subjektive Meinung. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Geldanlagen immer mit Risiken behaftet sind, die bis zum Totalverlust führen können. Eine Haftung für eure Anlagenentscheidungen kann ich nicht übernehmen. Ihr handelt eigenverantwortlich und auf eigene Gefahr. Vor einer Anlageentscheidung empfehle ich euch die Inanspruchnahme einer professionellen Beratung.

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